Der Sommer hat sich also doch entschieden seinem Namen alle Ehre zu machen. Voriges Wochenende war es heiß. Richtig heiß! Perfektes Grillwetter also. Das musste ich ausnutzen um die zwei ersten Rezepte aus dem Buch Chutneys & Relishes von Bettina Matthaei nachzukochen.
Zuallererst interessierte mich brennend wer hinter diesem Buch steckt. Beim Besuch der Homepage der Autorin entdeckte ich gleich eine Gemeinsamkeit: Bettina Matthaei ist nicht nur (Kochbuch-)Autorin, Foodjournalistin und Dozentin, sondern auch Designerin. Aber noch viel überraschter war ich als ich in ihrer Vita entdeckte, dass ich ihre Arbeit noch aus meiner Kindheit kannte. Bettina Matthaei hat als Trickfilmerin die Knetmännchen für die Sesamstraße entworfen. Kennt ihr sie noch? Die kleinen Knetfiguren, auch Plonsters genannt, die immer von oben als Ball ins Bild fallen und in dieser eigenartigen Nuschelsprache kommunizieren?
Ich lernte: Eine spannende Persönlichkeit mit vielen Talenten verbirgt sich hinter diesem Buch. Da war ich überaus neugierig auf die Rezepte der Gewürzfachfrau.
Chutneys und Relishes ist ein Buch für jeden Geschmack. Hier findet sich von Maronen- über Melonen- bis zu Cassis-Chutney, von Rote-Bete- über Kürbis- bis zu Zitronen-Relish immer ein passender Begleiter zu jedem Gericht in jeder Jahreszeit.
Im übersichtlich gestalteten Inhaltsverzeichnis finden sich 30 Rezepte mit jeweils einem Foto wieder, da hat man die Qual der Wahl: Soll es gewürzbetontes Pflaumen-Chutney, mediterranes Oliven-Relish oder sollen es doch lieber edle Safran-Birnen sein?
Nach dem Inhaltsverzeichnis folgen fünf Seiten Grundlagen, in denen das ABC der Zubereitung und der feine Unterschied zwischen Chutney und Relish erklärt werden. Ein klarer Unterschied kann selbst von Profis nicht genau definiert werden, aber grob kann man sagen, dass das Chutney eher eine fruchtig, marmeladenartige Konsistenz hat und das Relish in seiner Struktur gröber ist, zum Großteil aus Gemüse mit weniger Zucker und mehr Essig besteht.
Am Ende der Grundlagen werden in einer Zutatenübersicht außergewöhnliche Kräuter- und Gewürzarten vorgestellt, hier lerne ich z.B. Granatapfelwürzsaft kennen, der in der türkischen und arabischen Küche als Ersatz für Zitronensaft verwendet wird.
Nun aber endlich zum Herzstück des Buches, den Rezepten. Die Fotos von Walter Pfisterer verleiten mich beim Durchblättern fast dazu, die Rezepte nach den Bildern auszuwählen. Aber Halt – wir wollen doch grillen! Da erweisen sich die Kombinations-Vorschläge für den passenden Begleiter nach den Rezepten als sehr praktisch. Daneben finden sich schnellere Rezeptvarianten wieder, bei denen die Chutneys oder Relishes nicht eingemacht werden.
Die Wahl ist schnell getroffen, der Liebste sucht sich Rote Honig-Zwiebeln (S. 69) für seine Burger aus und ich entscheide mich für das rote Paprika-Relish (S. 48) zu meinem gegrilltem Hähnchenbrustfilet.
Die Rezepte sind sehr simpel erklärt, am Besten folgt man dem Rat der Autorin und bereitet die Zutaten und Gläser schon vor dem Kochen vor, damit man während des Einkochens alles griffbereit hat.
Für die Roten Honig-Zwiebeln heißt es Tauchmaske aufsetzen, denn hier müssen 1 kg rote Zwiebeln geschnitten werden. Oder man schneidet wie ich die Zwiebeln bei schönem Wetter einfach unter freiem Himmel, damit nicht zu viele Tränen aus den Augen kullern, die womöglich das Relish versalzen. Die Tränen lohnen sich, heraus kommen intensiv würzige Zwiebeln die jeden Burger verfeinern. Aber auch zu Entenbrust oder Rindermedaillons kann ich mir die angenehm süß-scharfen Zwiebeln vorstellen.
Obwohl ich den Granatapfelwürzsaft weglassen musste (den ich kurzerhand durch Zitronensaft ersetzte), weil ich das Rezept bei den Eltern des Liebsten nachgekocht habe und in der Gegend eine solch exotische Zutat nicht auffindbar war, schmeckte das Ergebnis köstlich.
„Die Paprikaschoten mit einem Sparschäler dünn schälen“ habe ich bisher in noch keinem Rezept gelesen, ich bin noch nie auf die Idee gekommen, das Nachtschattengewächs zu schälen, aber es klappt wunderbar. Auch dieses Rezept ist leicht verständlich, ich finde einzig und allein nicht heraus wann die grob gehackten Walnusskerne dem Relish beigefügt werden. Oder zählen die Kerne zu den Gewürzen, die im dritten Schritt zu Beginn unter das Relish gerührt werden? Ich habe es einfach so gemacht – es hat geklappt.
Das würzige Raucharoma des Pimentón de la Vera passt perfekt zu dem süß-säuerlichen Geschmack der Paprika-Orangensaft-Mischung, der Kontrast zwischen dem weichen Gemüse und den knackigen Walnüssen rundet das Rezept ab.
Obwohl ich mir für das Wochenende nur zwei Rezepte vorgenommen hatte, ließ mich das Melonen-Chutney von S. 40 nicht los. Im Kühlschrank der Mama des Liebsten lag noch eine reife Honigmelone, die unbedingt weg musste und so entschloss ich mich, auch noch dieses Rezept auszuprobieren. Ein kleines Missgeschick ist mir leider doch noch passiert, das werden gute Beobachter schon an den Bildern festgestellt haben: Versehentlich habe ich anstelle des weißen den dunklen Balsamico genommen. Geschmacklich war es nicht so schlimm, visuell betrachtet schon, denn das Grün der Sivri-Chilis und der Melone kommt hier nicht mehr so kräftig zur Geltung. Trotzdem, die spontane Entscheidung das Rezept zu testen bereue ich keineswegs.
Genau das macht für mich nämlich ein gutes Kochbuch aus: Wenn ich mich beim Blick in den Kühlschrank oder ins Kräuterbeet daran erinnere, was ich aus dem Buch alles noch nachkochen möchte. Limetten-Kokos-Chutney, Möhren-Relish mit Ingwer und Datteln oder Zesten in Orangen-Vanille-Sirup warten noch auf mich …
Seid ihr auch auf den Geschmack gekommen? Hier folgen die Rezepte:
ROTE HONIG-ZWIEBELN
für ca. 4 Gläschen à 230 ml
1 kg kleine rote Zwiebeln
2 Bourbon-Vanillestangen
5 EL Rapsöl
300 g Akazienhonig
150–180 ml Granatapfelwürzsaft (siehe Seite 8)
1 TL Salz
ca. 2 EL Langpfeffer, frisch gemahlen
- Die Zwiebeln schälen, längs halbieren und in Streifen schneiden.
Die Vanillestangen längs halbieren, das Mark herauskratzen und die Stangen quer dritteln. - Die Zwiebeln im Öl fünf bis sieben Minuten glasig anschwitzen. Honig, Vanillemark und ausgekratzte Vanillestangenstücke und zunächst 150 ml Granatapfelwürzsaft zugeben. Aufkochen und in
ca. 20 Minuten dickflüssig einkochen.
- Mit Salz und Langpfeffer würzen. Nach Geschmack noch etwas mehr Granatapfelwürzsaft zugeben.
ROTES PAPRIKA-RELISH
für ca. 4 Gläschen à 230 ml
800 g rote Paprikaschoten
350 g Zwiebeln
4–5 Knoblauchzehen, möglichst von jungem, saftigem Knoblauch
2 Stiele Rosmarin
100 g Walnuss-/Baumnusskerne
4 EL Olivenöl
150 g Zucker
300 ml Orangensaft
2 TL Salz
2 TL Pimentón de la Vera dulce oder picante
2 TL Chiliflocken
2–3 EL Granatapfelwürzsaft
½ Bund Thymian
- Die Paprikaschoten waschen, mit einem Tomaten- oder Sparschäler dünn schälen, vierteln, entkernen und 5 mm groß würfeln. Die Zwiebeln schälen und knapp 1 cm groß würfeln. Knoblauch schälen und hacken. Rosmarin abbrausen und trocken tupfen, die Nadeln abzupfen und sehr fein hacken. Die Walnusskerne grob hacken.
- Die Zwiebeln im Öl in fünf Minuten glasig anschwitzen. Paprika und Knoblauch zugeben, unter Rühren fünf Minuten mitbraten. Zucker hinzufügen, schmelzen lassen, mit Orangensaft vorsichtig ablöschen. Rosmarin und Salz zugeben, 15 Minuten kochen.
- Gewürze und zunächst 2 EL Granatapfelwürzsaft unterrühren, weitere 25 Minuten kochen, dabei öfter umrühren. Inzwischen den Thymian abbrausen und trocken tupfen, die Blättchen abzupfen und grob hacken. Thymian ganz zum Schluss untermischen, das Relish nach Geschmack mit mehr Granatapfelwürzsaft abschmecken und in vorbereitete Gläser füllen.
MELONEN-CHUTNEY
für ca. 4 Gläschen à 230 ml
1 reife Honigmelone
(= 700 g Fruchtfleisch)
250 g milde grüne türkische
Sivri-Chilis
400 g weiße Zwiebeln
6–8 Knoblauchzehen, möglichst von jungem, saftigem Knoblauch
3 EL Olivenöl
150 g Zucker
150 ml Aceto balsamico bianco
3 frische Lorbeerblätter (alternativ: getrocknet)
1½ TL Salz
1 Bio-Zitrone
2–3 TL getrockneter grüner Pfeffer
2–3 EL getrocknete Minze
3 Tropfen ätherisches Bio-Zitronenöl
- Die Melone halbieren und entkernen. Melone in Spalten teilen und die Spalten von der Schale schneiden. Das Fruchtfleisch knapp 1 cm groß würfeln. Die Chilis waschen, die kernlosen Spitzen in Ringe schneiden, den Rest längs halbieren, entkernen und quer in Streifen schneiden. Die Zwiebeln schälen und 5 mm groß würfeln. Den Knoblauch schälen und hacken.
- Die Zwiebeln im Öl in acht bis zehn Minuten glasig werden lassen. Den Knoblauch zugeben und eine Minute mitgaren. Den Zucker darüberstreuen, unter Rühren schmelzen lassen, mit dem Essig ablöschen und fünf Minuten kochen. Melonenwürfel, Lorbeerblätter und Salz zugeben, 25–30 Minuten kochen.
- Die Chilischoten zugeben und vier bis fünf Minuten mitkochen. Sie sollen knackig bleiben und ihre Farbe nicht ganz verlieren. Das Chutney mit Pfeffer und Minze würzen, ganz zum Schluss das ätherische Öl und den Zitronenabrieb zugeben. Sofort in die vorbereiteten Gläser füllen.
Guten Appetit!
Rezepte entnommen aus
Bettina Matthaei
chutneys & relishes
Raffinierte Genüsse und aromatische Geschenke aus der Küche
ISBN 978-3-7750-0623-1
1. Auflage, gebunden, 72 Seiten, 38 Farbfotos
12,95 € (D), 18,00 Fr. (CH), 13,40 € (A)
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